Jetzt mal Klartext!

Die Welt ist voll von Botschaften, die sich offensichtlich nicht an uns Betroffene/Interessenten/Kunden/Multiplikatoren richten. Oder was will uns ein Hotel mitteilen, das in „Newsletter Nr. 10“ unter dem Titel „Nur ein kleines Detail…“ schreibt, dass es jetzt eine neue Hoteldirektorin hat? Zusammen mit dieser leicht zu gewichtenden Nachricht (Papierkorb!) bietet es gleichzeitig ein Candle-Light-Dinner an.

Analysieren wir das mal. Das Hotel hat also einen Anlass zur Kommunikation gesucht (neue Direktorin), um für sein Angebot (Candle-Light-Dinner) zu werben. Leider hat es dabei die Kundenperspektive außer Acht gelassen.

1. Wer bucht schon ein Hotelzimmer wegen der Direktion?

2. Heutzutage bietet jedes zweite Hotel Candle-Light-Dinner an – Interessenten müssen dafür weder in den Zug noch in das Flugzeug steigen.

Was ist die Kundenperspektive?

Als Kunde will ich wissen, was mir im Hotel und um das Hotel herum geboten wird. Ich frage mich: „Welche Veranstaltungen gibt es?“, „In welches Restaurant sollte ich unbedingt gehen?“, „Was darf ich nicht verpassen?, „Was ist einzigartig?“… kurz gesagt: „Warum soll ich dort hinfahren?“

Der Newsletter sollte mich also nicht darüber informieren, zum wievielten Mal er erscheint, sondern mich neugierig machen und mir seinen Nutzen verdeutlichen. Zum Beispiel so:

Betreff: Für Weinliebhaber ist Augsburg im September ein Muss

Das Augsburger Scheunenfest ist zu einem Geheimtipp für Weinliebhaber aus ganz Europa geworden. Besuchen Sie uns und testen Sie die neuen Weine aus dem berühmten Weinbaugebiet Augsburg-Südhügel.
Auch das Rahmenprogramm für die Familie stimmt. Die Kinder toben im Heu, die Boutiquen haben für Sie bis Mitternacht geöffnet und in der ganzen Innenstadt gibt es Bühnen mit Livemusik.

Wenn Sie am nächsten Tag ein bisschen Pflege brauchen, dann nutzen Sie unser Wellness-Angebot – für Sie zum günstigen Wochenendpaketpreis.
Damit Sie das auch in Ruhe genießen können, haben wir die Check-out-Zeit verlängert und Sie können Ihr Zimmer am Abreisetag bis 17 Uhr nutzen.

Reservieren Sie sich am besten gleich ein unvergessliches Wochenende in Augsburg!

Wir freuen uns auf Sie,

Ihre Hoteldirektorin und das Team vom XYZ-Hotel

Kunden wollen Klartext

Wir müssen beim Schreiben also umdenken, die Perspektive wechseln. Wir schreiben nicht aus Unternehmenssicht, sondern für die Leser, die auch unsere Kunden sind. Dabei müssen wir uns an ihrer Sprache orientieren und an dem, was sie suchen. Obi-Gründer Manfred Maus hat es treffend formuliert: „Der Kunde will keinen Bohrer. Er will ein Loch in der Wand!“

Um das zu erreichen, müssen die Texte nicht sachlich-nüchtern und nicht mal inhaltlich oder grammatikalisch korrekt sein. Im Gegenteil, wir alle wollen ja begeistert, erfreut, belustigt und manchmal auch aufgeschreckt werden. Tolle Slogans wie „Wir gegen Viren*“, „unplattbar**“ oder „Das König der Biere***“ sind griffig, lustig und einprägsam.

 

*) Das Robert-Koch-Institut wirbt für gründliches Händewaschen und damit wohl eher für das Abwaschen von Keimen aller Art.

**) Ein Fahrradhersteller wirbt mit einer neuen Wortschöpfung für seine Reifen.

***) Mit „Der König der Biere“ durfte die Brauerei nicht werben, da es sich hierbei um irreführende Werbung gehandelt hätte.